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F-Bird – Karl Huber

Zur Firebird

Die vom Autodesigner Raymond Dietrich entworfe Firebird kam 1963 auf den Markt. Für mich persönlich eine der schönsten Gitarrenformen, auch wenn sie den Ruf hat, unpraktisch zu sein – kopflastig, sperrig und in hohen Lagen schlecht spielbar. Die erste Version hatte eine Wraparound Bridge und nur einen Humbucker am Steg, spätere Versionen erhielten zwei Tonabnehmer, eine Tunomatic Brücke mit Stoptail, oder sogar drei Tonabnehmer und das etwas unglückliche Gibson Vibrola. Später gab es dann eine Non-Reverse Form mit P90ern, das hatte aber nicht mehr viel mit der originalen Firebird zu tun.

Die Firebird war die erste Gitarre mit durchgehendem Hals, die beiden Korpus-Flügeln wurden angeklebt, alles aus Mahagony. Als Mechaniken hat man ihr Banjo-Tuner spendiert, die rückwärtig zu bedienen sind.

Die Firebird hatte ein einen sehr speziellen Sound, der langes Sustain mit schneidendem höhenreichen Sound verband. Einen grossen Anteil daran hatten sicher die Tonabnehmer, die oft zu Unrecht als Minihumbucker ohne Pole-Schrauben bezeichnet werden. Dies ist schlichtweg falsch, handelt es sich doch um eine damals völlig neue, eigenständige Konstruktion, die eher nach Single Coil als nach Humbuckern klingt.

Trotz des kommerziellen Misserfolgs wurde die Firebird u.A. von Grössen wie Eric Clapton, Johnny Winter, Stephen Stills, Brian Jones gespielt.

Zum Bausatz

Optisch ergibt der Bausatz mehr oder weniger eine exakte Kopie der Firebird, technisch gesehen sind die Unterschiede erheblich. Hier ist der zweiteilige Mahagonihals geschraubt, zusätzlich sitzt er etwas weiter im Korpus als beim Original. Der Mahagonikorpus besteht ebenfalls aus zwei Teilen. Das Kleben ist in dieser Preisklasse Standard, da gibt es nichts einzuwenden. Der rechteckige, aufgesetzte „Mittelstreifen“, der beim Original durch den durchgehenden Hals bedingt ist, ist hier eine aufgeklebte Mahagoniplatte. Sieht gut aus, ist aber technisch nicht notwendig. Gibson verzichtet bei neueren einfacheren Firebird-Modellen mit eingeklebtem Hals auf diesen „Fake“. Die Tonabnehmer sehen aus wie die Originale, dürften aber technisch eher „normalen“ Epiphone Minihumbuckern entsprechen, also verkleinerte PAF Style Tonabnehmer. Deshalb sollte man auch bei diesem Bausatz nicht den Sound des Originals erwarten, dafür sind die Unterschiede zu groß. Mehr dazu später.

Karl Huber - F-Bird (5) Karl Huber - F-Bird (4) Karl Huber - F-Bird (3) Karl Huber - F-Bird (2) Karl Huber - F-Bird

Die Mechaniken sind moderne Standardmodelle, also keine Steinberger Gearless Tuner wie beim modernen Original. Das kann man aber auch nicht erwarten, kosten diese um die 100€ und sind nur in den USA zu bekommen. Egal, die beiliegenden Mechaniken gefallen mir optisch überhaupt nicht, funktionieren aber zufriedenstellend. Die Brücke ist ein etwas schwer geratenes Wraparound Modell, historisch ist das zusammen mit zwei PUs nicht wirklich korrekt, dafür waren die Löcher für die Studs perfekt gesetzt und die Brücke passt wie eingegossen. Sehr gut!

Hals und Korpus sind gut gearbeitet, die Halstasche ist sehr passend. Leider sind meiner Meinung nach die Bundstäbchen für eine Vintage-Style Gitarre viel zu breit und flach, dünnere hohe Stäbchen hätten besser gepasst. Und das bei einem extrem dicken, runden Hals. Also entweder fette Bünde auf einem dünnen, modernen Hals wie beiner JEM, oder Vintage-gerechte Bünde auf einem fettem Prügel. Aber das ist, wie gesagt Geschmacksache, die Bundierung und das Binding sind gut ausgeführt, der Hals ist gerade.

Mangelhaft waren einige der kleinen Schraublöcher, sie waren einfach an falscher Stelle gesetzt. So hingen die Tonabnhmer schief im Korpus, ein paar Mechaniken waren leicht verdreht, das Pickguard war an falscher Stelle und zudem lausig geschnitten. Also alle Löcher zu und neu gebohrt, Pickguard zurechtgefeilt usw. Alles kein wirkliches Problem, solange man deckend lackiert.

Mehr Aufwand hatte ich mit der viel zu kleinen Abdeckung des E-Fachs, das muss einfach passen, also hab ich eine neue gesägt und mit viel Fummelei eingepasst. Die Potiknöpfe waren auch gefährlich nahe an der rechteckigen Korpusplatte, also auch hier Löcher zu und neu bohren.

Mir wäre lieber, wenn ich die Löcher selber Bohren könnte, das würde auch Custom-Versionen mit z.B. nur zwei Reglern vereinfachen.

Zur Ausführung

Die Firebird war mein erster Bausatz, deshalb habe ich mich für eine Schraubhalsgitarre entschieden, das erleichtert doch den Zusammenbau sehr. Ich sag nur Position der Brücke, Halswinkel usw. Zuerst wollte ich mich farblich austoben, nach vielem Hin- und her wurde es doch eine sehr klassische Variante. Also ein paar dünne Lagen Nitrolack „Vintage-Alpine-White“ aus der Dose auf gepinseltem Nitro-Schnellschleifgrund, darunter kein Porenfüller, damit man die Struktur des Holzes erkennen kann. Die Lackierung ist mir wieder Erwarten ohne grössere Unfälle gelungen, also keine Lacknasen usw. Dafür habe ich den Headstock zu klein gesägt, er passt von den Proportionen nicht wirklich zum grossen Korpus

Zusätzlich habe ich der Firebird einen Billig-Bigsby auss dem ML-Shop spendiert, der tadellos funktioniert. Die Firebird ist übrigens der perfekte Unterbau dafür, man hat richtig schön Platz. Oft sehe ich Bigsbys, die sehr nah an der Brücke montiert sind. Das erhöht zwar den Saitendruck, beeinträchtigt das Bigsby jedoch in seiner Funktionsweise. Je länger der Abstand von Bigsby zu Brücke, desto schöner schimmern die Akkorde. Die Wraparoundbrücke passt witzigerweise perfekt zum Bigsby, da klappert nichts, die Saiten laufen gut, falls man einmal kein Bigsby mehr mag, kann man den Hebel abschrauben und die Saiten direkt aufziehen.

Die mitgelieferte Trussroad-Abdeckung war hässlich, ich hab mich bei meiner Variante am originalen gefrästen Headstockdesign oriontiert. Ach ja, einen Knochensattel aus dem ML-Shop gab’s auch noch obendrauf.

Sound und Bespielbarkeit

Sieht aus wie eine, ist aber keine – Firebird. Die Gitarre klingt im positiven Sinn schwer, besonders der Bridge-PU drückt ziemlich. Gut für heftige, angecrunchte Riffs, Highgain geht auch ganz gut. Clean klingts mir zu farblos, da funklelt einfach zu wenig. Ich hätte mir hier vor allem wegen des geschraubten Halses mehr erwartet. Der Neck-PU ist mir zu dumpf, vielleicht ok für Doom und Jazz, und man muss nicht einmal die Höhen rausdrehen.

Die Bespielbarkeit ist gut, auch wenn der relativ schlanke, aber prügelartig runde Hals recht ungewöhnlich satt in der Hand liegt. Die Saitenlage hab ich eher hoch eingestellt, ich mag’s gerne ohne scheppern. Die Gitarre ist im Gegensatz zum Original überhaupt nicht kopflastig, sie lässt sich speziell im Sitzen ausgezeichnet spielen und liegt perfekt ausbalanziert in der Hand. Stehend komme ich mit der Gitarre nicht gut zurecht, mir ist der Korpus zu gross.

Ich würde die Gitarre gerne mit anderen PUs ausprobieren, ich könnte mir z.B. einen P90er am Hals gut vorstellen. Doch das passt leider optisch überhaupt nicht zum Gesamtbild, also lass ich es sein.

Wie geht’s weiter?

Eigentlich ist so ein Bausatz ein rechter Schmarrn. Rechnet man die Arbeitszeit, bekäme man locker ein Original dafür. Und ob das Resultat qualitätsmäßig mit einer preislich vergleichbaren Industriegitarre mithalten kann, wage ich zu bezweifeln. Aber das Basteln seinen Charme, man kann sich kreativ austoben und seiner Phantasie freien Lauf lassen, auch wenn wie in meinem Fall eher Hausmannskost dabei rauskommt. Die nächsten Bausätze sind schon im Keller – LP Junior Doublecut und eine Rickenbacker. Mehr dazu 2014 an dieser Stelle.

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Bewertung 3.4 Sterne aus 78 Meinungen

9 Comments

  1. Grundsätzlich gute Arbeit. Kritik an einzelnen Teilen der Hardware oder Elektrik dieser Bausätze kann man üben, indem man andere Teile, die man als besser erachtet, verwendet oder improvisiert. Welche authentischen Potis und Kondensatoren hast Du denn verwendet, um den vorher gemessenen Widerstand der Pickups (und damit vielleicht einem wage erahnten Bild des Klangcharakters) doch noch entgegen zu wirken? Trotzdem 5 Sterne, weil ich weisse Klassiker mag!

    • Hallo Christian,
      zuerst einmal danke für die positive Beurteilung, freut mich, dass ich nicht der Einzige bin, der „klassisches“ Design mag. E-Technik ist nicht mein Revier, ich bin froh, wenn ich eine saubere Lötstelle hinkriege, also habe ich die mitgelieferten Tonabnehmer, Potis und Kondensatoren verbaut. Da diese Firebird wegen Form, Halsprofil und Bundierung nie meine Lieblingsgitarre wird, belasse ich es dabei. Sollte mir einmal eine Gitarre gelingen, die mich haptisch besser anspricht, werde ich mich mehr mit der Schaltung beschäftigen, ich komme dann gerne auf dich zurück 😉
      Karl

  2. Bausatz hin oder her, die großen kochen auch nur mit Wasser. Ich sage nicht, dass alles was glänzt auch Gold ist, allerdings kann man mit wenig Aufwand “ billige“ Pickups in gute
    verwandeln. Der billige Preis liegt vor allem im weglassen von Hightend Arbeitsschritten, die man im stillen Kämmerlein ja nachholen kann. Über das kleben von Magneten, das schaffen eines separaten Erdekabel am Sockel, bis hin zum eingießen in Kunststoff ist das mit vielen Teilen möglich. 2011 hatte jemand aus dem Kontest ein Singlecoil. mit einer Blindspule im Elektrofach,
    zu einem brummfreien Humbucker gemacht. So könntest auch Du, der sehr viel Wert auf Authentizität legt, auf der einen Seite Deinem Instrument eine eigene Note geben, es sozusagen aus dem Schatten des Vorbildes heraus holen, auf der anderen Seite aber auch mit solchen
    Tricks dem Original wesentlich näher kommen.
    Es gibt viele gute Ansätze hier im Kontest, im großen und ganzen sind mir die meisten aber nicht gewagt genug. Und Du hast Recht, wenn Du die mangelnde Sorgfalt bei vielen anmerkst.
    In diesem Punkt hat deine Gitarre meine Aufmerksamkeit geweckt, denn sie ist tadellos
    gearbeitet und sieht absolut schlüssig aus. Da es nicht mein Modell ist, bin ich auf Dein Rickenbackermodell gespannt.

    Grüße von David

    • Hallo David,

      wegen „nicht gewagt genug“ – bist du David Bergmann, der diese Wahnsinnsmaschine gebaut hat? Wenn ja, dann freut mich dein Kommentar hier besonders. Dein Gerät (Gitarre will ich es mal nicht nennen, das wäre untertrieben) ist so ziemlich das Gegenstück zu meinem Modell. Aber das ist das Schöne an Gitarren, eine klassische Butterscotch Telle haut mich genauso vom Hocker wie eine eine Teuffel Tesla, eine Fireglow Ricky juckt mich ebenso wie alles von Michael Spalt, oder eben deine Dampfmaschine – ich finde sie „faszinierend“, wie unser aller Freund Mr. Spock sagen würde.

      Mir hat halt noch eine Firebird in meiner Sammlung gefehlt, dito Ricky. Aber prinzipiell hast du Recht, bei Bausätzen sollte man nicht kopieren, sondern eigene Ideen einbringen, je gewagter, desto besser. Und das sollte nicht nur die Lackierung betreffen, sondern vor allen Dingen Konzept, Gestalt und Technik. Ich für meinen Teil habe mir zwar für die Ricki einges vorgenommen, befürchte aber, dass ich in Ehrfurcht vor dem Original verharren werde, im schlimmsten Fall wird’s eine Mapleglow 😉

      Gruss Karl

      weiterführende Links:
      http://www.teuffel.com/deutsch/gitarren/tesla/d_tesla_haupt.htm
      http://www.spaltinstruments.com/instruments/hybrids/
      http://de.wikipedia.org/wiki/Yuri_Landman

      oder noch ein paar Schritte weiter:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Ondes_Martenot
      http://de.wikipedia.org/wiki/Orchestrion

      • Moin Karl,
        ich bins, David mit der Dampfmaschine. Und ich müsste lügen wenn ich behaupte mir gingen alle Klassiker am Arsch vorbei. Eine der wenigen Klampfen namenhafter Hersteller, die es bis in mein Herz geschafft hat ist die Rickenbucker 620 als 6-Saiter,
        in weiß.
        Und auch wenn ich mich bei meinem Contestbeitrag 2011 der Form bediehnt habe,
        ist ein komplett eigenständiges Instrument dabei heraus gekommen, welches im Moment meine aktuelle Proberaum und Bühnen Gitarre ist. Aber vielleicht ist ja die Strat aus Contest 2012 eher was für Dich.

        Gruss von David

  3. Ja wirklich sehr schön!
    Ich bin ja sowieso ein Fan von Fire und Thunderbirds und besitze selbst einen weißen T-Bird.
    Aber dieser F-Bird steht dem in nichts nach und sieht mit den Trapez Inlays und dem Tremolo sogar noch edler aus finde ich ^^.

    • Danke. Ja, die Trapeze finde ich auch schön. Bigsby ist ja so eine Sache. Ich hab mal eins an einer Explorer gesehen – Ätzend! An LPs und ES gefallen sie mir auch nicht, aber an Firebirds und auch an SGs. Und natürlich an Gretschen und besonders an Teles, vor allem mit dem recht seltenen B16. Seit kurzem gibt es erstmals eine Firebird mit Bigsby von Gibson direkt – die Elliot-Easton-Tikibird. Gefällt mir aber nicht wegen der Fullsize-HBs. Richtig klasse, wenn auch ziemlich auffällig, finde ich die neueste Firebird, kostet aber fast um die 8.000€
      www2.gibson.com/Products/Electric-Guitars/Firebird/Gibson-Custom/20th-Anniversary-1965-Firebird-VII-Reissue.aspx

      • Das sieht mal wirklich geil aus! Wenn auch der Tremolo gewöhnungsbedürftig ist.
        Ich glaube ein ähnliches Design habe ich beim Gitarristen von Gossip bei Rock am Ring letztes Jahr gesehen.
        Sieht man ja leider sehr selten den Firebird auf großen Bühnen… aber der klang echt phänomenal ^^.

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