Sonstiges – Uwe Faulborn

Sonstiges – Uwe Faulborn

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Hallo zusammen,
anbei wie besprochen die Fotos von meiner „Bella“.

Meine Wurzeln liegen bei der klassischen Gitarre, daher wollte ich schon immer eine „elektrische“ mit Nylon-Saiten und breitem Griffbrett haben.
Als ich dann einen gewerblichen Gitarrenbauer aufsuchte und mir noch dazu eine MIDI-Schnittstelle wünschte, war gleich mal die Rede von mehreren Tausend Euro.
Für mich unerschwinglich- aber vielleicht könnte ich mir ja meine Traumgitarre selber bauen?

Das Internet weiß alles- so begann ich erst einmal mit Theorie, bevor ich meinen Einkaufszettel zusammen stellte.
Beim Hals entschied ich mich wegen des Bass-Sound´s für Bubinga (knüppelhart und schwer zu bearbeiten), der  Korpus ist aus Sapeli-Mahagoni mit einer zweiteiligen Ahorn-Decke (Quilted Maple). Schon waren mal für das Rohmaterial 500 € weg.

Auf die Kopfplatte, die ich absichtlich nicht so stark wie bei einer „Klassischen“  abgewinkelt habe, habe ich noch eine Schicht Ahorn und als Oberseite Rio-Palisander furniert.
Aus den restlichem Rio-Palisander fertigte ich die Brücke und die Saitenhalter.

Die Elektronik ist kurz erklärt:
6 einzelne Shadow-Pizzo-TA (Hex) und die Platine von Axon mit dem 13-poligen Ausgang für die MIDI-Wandlung und der Direkt-Out für das Pizzo-Signal.
Auf der Korpus-Rückseite sind die beiden Zugänge für die 9 V-Batterie und die Elektronik, allein an den Abdeck- Klappen habe ich tagelang gefeilt.

Soweit es sinnvoll war, habe ich den Korpus ausgefräst. Die Gewichts-Ersparnis kann sich sehen lassen: 3,2 kg, also doch erheblich leichter als eine echte LP.
Was die Korpus-Form betrifft will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken: Ich wurde inspiriert von der Avalon-Gitarre von Rolf Spuler, dessen Headstock mir aber garnicht zusagte.
Auch habe ich die Decke im Vergleich zum Vorbild zusätzlich profiliert, von Plagiat kann also keine Rede sein.

Das Palisander-Griffbrett ist ein Urlaubs-Mitbringsel aus Vietnam, das Monogramm auf der Kopfplatte (UF) habe ich aus einer Muschel gefräst, die ich auf dem Jade-Markt in Hong Kong erstand.
Der Sattel ist aus einem echten Rinderknochen, Lieferant war unser Dorfmetzger (zum Leidwesen unseres Schäferhundes).

Falls es jetzt noch jemanden interessiert, warum auf der Hals-Rückseite dieser erbsengroße Punkt auf Höhe des 7. Bundes ist:
Das ist ein Mahnmal, welches mich in Zukunft immer daran erinnern soll, vorsichtiger zu arbeiten. Beim Ausfräsen des Halsstab-Kanals hab ich mal nicht aufgepasst und schon war ein Loch drin. Bloß wollte ich nicht einfach einen Holzdübel reinkleben- Strafe muss sein.

Zum Klang:
Trocken gespielt war ich sofort überwältigt von der hervorragenden Ansprache und dem Sustain- sicherlich dank der Holz-Auswahl.
Über den Direkt-Out klingt der Pizzo-TA gewohnt plastisch, allerdings benutze ich ausschließlich den 13-Pol-Ausgang und gebe das Signal auf zwei Roland VG-8 (einer simuliert das Körperschall- Micro und der zweite gibt die typischen Akustik-Sounds).

Bunddraht und Halsstab sind von ML.
Als Oberflächen-Versiegelung entschied ich mich für Oil+Wax, ist aber wartungsintensiv- nach einigen Monaten sollte man immer wieder nachwachsen.

Inzwischen habe ich mal Bilanz gezogen:
Vom ersten Sägeschnitt bis zu dem Augenblick, als meine Bella zum ersten Mal Papa zu mir sagte, war für ein Jahr lang jede freie Minute vergeben.
Hätte ich wärend dieser  Zeit entgeltlich gearbeitet, hätte ich von dem Lohn sicher mehrere MIDI-Gitarren kaufen können.

Jedoch kann dieser Umstand nicht das Glücksgefühl widergeben, was ich jedes Mal beim Spielen auf meiner „Selbstgebauten“ empfinde.
Möge es noch lange so bleiben…

Herzliche Grüße aus meinem Laboratorium sendet Euch
Uwe Faulborn

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Bewertung 4.7 Sterne aus 58 Meinungen

16 Comments

  1. Super gemacht und man liest auch mit welcher Begeisterung und welchem Feuer du an die sache herangegangen bist.
    Das Teil sieht einfach geil aus.
    Gruß

  2. Hallo Uwe,

    alle Achtung. Du vereinst deine künstlerische Begabung mit musikalischem Sachverstand und feinmechanischem Können.
    Besonders beeindruckend finde ich deine Materialauswahl mit den unterschiedlichsten Herkunfstländern.
    Von mir volle fünf Sterne.
    Lg
    Hansi

  3. Hallo Uwe,

    Sehr schönes Instrument und ich kann mich nur den Vorrednern anschliessen, dass ich die Maserung des Holzes top finde. Ausserdem merkt man der Beschreibung die Liebe zum Detail an. Ich finde ein besonderes Highlight ist die Herkunft der Materialien, welches das Instrument eine Seele und Geschichte geben. Ich bin überzeugt, das bei soviel Herzblut auch der Klang ganz überzeugt. Deswegen von mir 5 Sterne.

    Viele Grüße
    Christian

  4. Hallo Uwe,
    welch ein schönes graziöses Geschöpf Deine Bella geworden ist! Ich bin mir sicher, sie klingt genauso traumhaft wie sie aussieht! Da hast Du ein wirklich tolles Werk vollbracht! Daher gibts von mir volle Punktzahl und Daumen hoch und weiter so!
    Viele liebe Grüße
    Corina

  5. Aber Hallo, die Gitarre sieht super aus und ich bin beeindruckt von deinen handwerklichen Fähigkeiten. Wenn das gute Stück so klingt wie es aussieht dann gibt es von mir 10 Sterne.
    Fünf für das wunderschöne und einzigartige Aussehen und fünf für den wohlig, warmen Klang den ich dahinter vermute.
    Beste Grüße, Sly.

  6. Hallo Uwe. Großes Kompliment. Die Gitarre sieht sehr edel aus. Die Verarbeitung ist sehr beeindruckend und die verwendeten Materialien überzeugen. Vor allem die schöne Holzmaserung ist ein echter Hingucker. Die Form des Korpus ist sehr elegant. Viele Grüsse André

  7. Hallo Uwe,
    Wow, was soll man dazu sagen? Was für eine schräge Kombi aus Jugendstil Korpus, Schredder-Gitarren-Schraubhalsverbindung, Klassik Griffbrett und Kopfplatte mit 22(?) Bünden, abgefahrener Elektronik, dazu Art-Deko Saitenhalter, und voll versenkte Buchsen. Bei den Potis hast du wahrscheinlich was mit Bluetooth gemacht. Ok, braucht man für Midi nicht.
    Und ich hab mir dieses Jahr soviel Mühe gegeben, den Wettbewerb zu gewinnen 😉
    Naja, dann probier ich’s halt nächstes Jahr nochmals.
    Gruß Karl

    • Hallo Karl,
      erst einmal vielen Dank für diese ehrhafte Würdigung.
      Wegen der Potis: ich habe lange überlegt, ob ich sie wirklich brauche. Bis jetzt hab ich die Lautstarke mit einem normalen Fußschweller geregelt.
      Auch war mal die Frage nach einem Tremolo interessant, aber bei den Roland VG-Geräten ist ja auch u. a. das Whammy-Pedal emuliert. somit war das für mich keine Einschränkung.
      Und was den Wettbewerb betrifft- noch ist nicht aller Tage Abend, ich beobachte die anderen Kandidaten mit großem Respekt.
      Grüß´le, Uwe

    • Hallo Ad Kooij,
      dankeschön für das Lob.
      Die Kannenform mag vielleicht aus Sicht eines Steh-Gitarristen wunderlich aussehen, selbst Nicht-Musiker haben mich bereits in der Rohbauphase gefragt, ob ich da eine breitgewalzte Gießkanne aus Holz schnitze.
      Der Zweck heiligt die Mittel- ich spiele am liebsten sitzend und habe das Cutaway auf meine 191cm Körperlänge abgestimmt. Auch wenn manche (-r?) bei sitzender Gitarrenhaltung an einen gynäkologischen Stuhl denken muss- für Rücken und Schultern soll es gesünder sein und „man“ wird ja auch älter…
      Auch wenn sitzende Gitarristen uncool aussehen- mir ist das egal.
      Tschüß´le, Uwe

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