Sonstiges – Karl Huber

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front total Sonstiges - Karl Huber

Das erste eigen Design
Mit schleifen und lackieren wird man kein Gitarrenbauer. Zudem schläft die Konkurrenz nicht, speziell hier beim Wettbewerb 😉
Nach 10 mehr oder weniger gelungenen Kopien war es für mich an der Zeit, den nächsten Schritt zu tun. Ich wollte eine Gitarre designen, und mal was ganz anderes bauen als sonst. Inspiration findet man überall, speziell die deutsche Gitarrenbauszene ist so stark wie nie zuvor.

Bauweise
Da ich Respekt vor Halstaschen habe, schien mir der durchgehende Hals, den man bei ML kaufen kann, eine geeignete Ausgangsbasis zu sein. Dieser ist aus Ahorn und hat 22 Bünde. Er ist dreiteilig (Halsfuss, Hals und angeschäftete Kopfplatte) und immens schwer. Das Griffbrett dürfte Rosenholz sein, die Tribal Inlays sind sauber eingelegt. Die Jumbo Bünde sind aus Messing und gut abgerichtet, ich musste nicht nacharbeiten. Die Tribal Inlays gaben übrigens die die Marschrichtung für die Gitarre vor – martialisch musste es werden.
Für den Korpus bzw. die beiden Seitenteile nahm ich Mahagoni, es ist relativ weich und leicht zu bearbeiten. Zudem wollte ich der Gibson Firebird nacheifern, eine der ersten Gitarren mit durchgehendem Hals. Um genau zu sein, gebührt diese Ehre Paul Bigsby, der bereits 1948 elektrische Gitarren mit durchgehenden Hälsen baute (siehe www.bourbon.fm/stories/bourbon-pioneers-paul-bigsby).

Nachdem ich das Holz in der Hand hatte, musste ich feststellen, dass ich mich vom Gewicht her im Grenzbereich bewegen werde, es wog schon ohne Hardware deutlich über 4 Kilo. Also musste ich Gewicht sparen. Kammern fräsen wollte ich nicht, außerdem hätte das eine Decke erforderlich gemacht. Damit hätte ich mich jedoch wieder von der Firebird entfernt. Also habe ich angefangen, Korpusformen mit Aussparungen oder Löchern zu designen. Letztendlich fand ich eine Form, die mir geeignet erschien, Gewicht zu sparen, und mir trotzdem optisch zusagte. Der Einfluss von Jens Ritter ist nicht zu verleugnen, er möge es mir verzeihen. Ein Styropormodell war schnell gebaut, ich empfand das Modell ergonomisch passend.
Hals und die Klebekanten der Korpusflügel ließ ich in einer Schreinerei gerade hobeln, das kriegte ich in Heimarbeit nicht 100% plan, musste aber sein, sonst hätten die Flügel nicht gehalten. Die Sägearbeiten hab ich mit der Stichsäge gemacht, 4cm dickes Mahagoni sind für ein gutes Sägeblatt kein Problem. Die Korpuskanten hab ich mit einer Oberfräse gerundet, das ca. 3 cm durchmessende „E-Fach“ wurde mit einem Forstnerbohrer gebohrt. Den Halsübergang habe ich mit einer Raspel vorgeformt und danach mit Schwingschleifer geglättet. Die Aussparung für den Pickup konnte ich bequem fräsen, bevor die Seitenteile angeklebt wurden.

Lack
Hals und Kopfplatte wurde nach Verkleben der Seitenteile mit Nitro (Spraydose) lackiert. Die Farbe ist „Oxblood“, ich hab sie mischen lassen. Auf den Fotos ist es nur schwarz, aber im Licht schimmert es dunkelrot, man kann das Holz erahnen, eine sehr schöne Farbe. Das Mahagoni hab ich mit Nitro-Klarlack offenporig lackiert, das Holz wurde nicht gebeizt. Letztendlich hab ich die Abdeckplatten aus Fichtenholz von der Vorderseite her mit dünnem Alublech beklebt, dann rückseitig rot gebeizt und klar gelackt.

Elektrik und Hardware
„Keep it simple“ – wo nichts ist, kann man nichts falsch machen. Außerdem mag ich Gitarren mit nur einem Tonabnehmer. Ich entschied mich für einen Mini-Humbucker von einem anderen Bausatz, den hatte ich noch in der Schublade. Der Tonabnehmer gefällt mir sowohl vom Design als auch klanglich recht gut. Ich hab ihn schräg eingebaut, erstens passt es optisch, zweitens erschien es mir reizvoll, Fender-Gene mit einzubringen. Das Volume-Poti ist von CTS, Klangregelung o.Ä. gibt es nicht. Die Kabelbuchse wurde so nah wie möglich am Tonabnehmer gesetzt, damit ich die Kabelkanäle kurz halten kann und beim Bohren keine Probleme kriege. Vorteil ist zudem, dass die Buchse unsichtbar und trotzdem gut zugänglich ist.
Die Brücke ist von Schaller, sie ist flach und toll verarbeitet, außerdem kann man die Saiten einzeln nach allen Richtungen einstellen. Die Mechaniken sind von Gotoh, schauen Klasse aus, sind aber leider sauteuer. Wenn schon, denn schon, dachte ich mir.

Sound und Bespielbarkeit
Durchgehende Hälse machen Sustain, sagt man, und genauso ist es. Der Klang ist dazu über alle Frequenzen ausgewogen und gleichmäßig, was meiner Meinung nach eine gute Ausgangsbasis für EQ und FX-Peale ist. Die Gitarre klingt recht gut an allen (gemodelten) Amps, die ich ausprobiert habe.
Den Klangregler habe ich bisher keine Sekunde vermisst, man kann gut mit dem Volume-Regler arbeiten. Der Hals ist breit und liegt kräftig in der Hand. Da der Korpusübergang tief angesetzt ist, und der Übergang rund geschliffen wurde, kommt man locker an die höchsten Lagen. Die Gitarre wiegt unter 4kg, ist gut ausbalanciert, hängt schön am Gurt, und spielt sich auch im Sitzen gut, keine Spur von Kopflastigkeit.  Lediglich das untere Korpushorn könnte ein Stück weiter nach außen gezogen sein, man hat manchmal das Gefühl, dass die Gitarre nach hinten vom Schenkel abrutschen könnte – tut sie aber nicht.

Fazit
Wider Erwarten hat alles mehr oder weniger sofort gepasst, ich habe eigentlich mit dem Schlimmsten gerechnet. Von den Kosten her hielt es sich in Grenzen: 180€ für den Hals, 50€ für’s Holz, 70€ für die Brücke, 80€ für die Mechaniken, ca. 50€ für Kleinteile und Lack. Ergibt so um die 450€, und der Arbeitsaufwand hielt sich auch in Grenzen. Klanglich passt es auch auch, ich bin voll zufrieden mit dem Resultat und würde es nicht viel anders machen.

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Bewertung 4.5 Sterne aus 20 Meinungen

5 Comments

  1. Moin,
    herzlichen Glückwunsch und wilkommen im Bereich Sonstiges!!
    Gefällt mir sehr gut Deine erste Kreation.
    Schöne Gitarren müssen nicht immer super aufwändig gearbeitet sein, um
    Optisch zu gefallen.
    Auch bei Deinem Beitrag werden meine Augen feucht. Oder sind es wirklich die Augen …??
    Gruß von David

    • Danke, das mit der Feuchte überlese ich mal grosszügig.
      Wie schaut’s eigentlich aus? Kommt von dir dieses Jahr noch was? Oder sind dir nach der Dampfmaschine und der Geige die Ideen ausgegangen?

      • Bei mir liegt schon seit geraumer Zeit ein angefangenes Projekt auf der Werkbank.
        Also Ideen hab ich schon noch. Da sich meine Jobsituation gerade äusserst günstig entwickelt, ist keine Zeit zum bauen da. So habe ich im vergangenen Jahr meinem persönlichen Hobel ein Sustainersystem spendiert und die Geige nochmals überarbeitet.
        Und vor allem viel gespielt….
        Eigentlich schade, denn ich wäre gerne gegen euch angetreten, ist qualitativ
        einiges los dies Jahr.
        Gruß von David

  2. Hallo Karl,
    alle Achtung, dieses Schmuckstück verdient 5 Sternchen!!!
    Natürlich verrät auch ein Pilzsammler seine besten Quartiere niemanden, ich versuch´s trotzdem mal: Woher hast Du denn die Tribal-Inlays?
    Was mich zum Thema „durchgehender Hals“ immer wieder wundert: Warum haben bisher so wenig Freaks versucht, eine komplette Gitarre aus einem Stück zu bauen…aber bitte auch incl. Griffbrett! Vielleicht eine Anregung für nächstes Jahr ;-)))

    Grüß´le,

    Uwe Faulborn

    • Servus Uwe,
      Danke für die Blumen. Ich kaufe Pilze lieber, also kann ich es dir gerne verraten: Den Hals inkl. Tribals gab’s hier im ML-Shop. Frag mal, kommt vielleicht wieder rein. Wegen „one piece“ Gitarre: Im „Grand Guitars“ Magazin war vor nicht allzu langer Zeit ein Test von so einer Gitarre. Wenn das Grifbrett auch noch mit dabei sein soll, müsste es ein hartes Holz, wie z.B. Ahorn, sein. So ein Teil wiegt dann aber schon ein paar Kilo. Außerdem dürfte sinnvoll verklebt prinzipiell stabiler sein als einteilig. Ich lass dir also nächstes Jahr gerne den Vortritt.
      Gruß Karl

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