Sonstige – Uwe Faulborn

Sonstige – Uwe Faulborn

sonstige-uwe-faulborn-1 sonstige-uwe-faulborn-2 sonstige-uwe-faulborn-3 sonstige-uwe-faulborn-4 sonstige-uwe-faulborn-5 sonstige-uwe-faulborn-6 sonstige-uwe-faulborn-7 sonstige-uwe-faulborn-8 sonstige-uwe-faulborn-9 sonstige-uwe-faulborn-10

Hier kommt eine weitere Gießkannen-Gitarre aus meinen Laboratorium.

Darf ich vorstellen:
Isa, die geistige Schwester von Bella (Contest 2015).

Aber natürlich hat Isa noch eine Besonderheit gegenüber ihrer Schwester, sie ist nämlich ein Percussions-Gitarre.
Stellt sich die Frage: Watt is ne Percussionsgitarre?
Eigentlich ist das eine Spieltechnik, die ursprünglich im Flamenco benutzt wird.
Dabei wird mit der Schlaghand zusätzlich zum Saitenspiel auf der Gitarrendecke ein entsprechender Rhythmus getrommelt.
Da ich aber bei dieser Gitarre den kompletten Sound virtuell erzeuge, kommt auch kein realer Körperschall aus dem Korpus.
Um das zu veranschaulichen, empfehle ich einen Blick ins „Eingeweihte“.
Links neben dem 9V-Block und rechts neben der Platine befinden sich zwei Drumtrigger, deren Signal ich über die Stereo-Klinke gleichzeitig in ein Roland-E-Drum-Modul (TD-20) und einen Roland- Drum-Sampler (SPDS) führe.
Dort kann ich auf eine fast endlose Bibliothek von Percussionssounds zugreifen und durch einen Positionssensor zwischen den Triggern wie bei einem echten Schlaginstrument zwischen Randschlag und Deckenschlag mischen.
In dem Sampler habe ich auch selbst aufgenommene Körperschall-Sounds von verschiedenen Akustik-Gitarren und ein paar Celli.
Aber auch „echte“ Drumsounds gehören inzwischen zu meinen Favoriten: Cajoon, Conga, Tabla und das ganze Klapperzeug.
Als Tonabnehmer ist ein Shadow-Piezzo-Pickup in der Brücke eingebaut, für die Form der Brücke stand meine holde Hilde Modell.
Ich spiele Nylonsaiten, deshalb kam nur dieser TA in Frage.
Jede einzelne Saite wird von einem separatem Element abgenommen und über die Wandler-Platine (eine der letzten, die Axon vor der Pleite verkauft hat) mittels eines 13-Pol-Kabels in meine Roland-VG-Sammlung geleitet.
Nichts für Oldfashion-Gitarristen, aber beim Zahnarzt wollen die ja auch die neueste Technik und nicht den Holzhammer…

Nun möchte ich ein paar Info´s zum hölzernen Teil meiner Gitarre geben, da kann man wirklich von einem Produkt aus mehreren kleinen Katastrophen sprechen.

Katastrophe Nummer eins:
In den Unstrut-Auen in Thüringen stand eine uralte Esche, von den Einheimischen nur ehrfurchtsvoll der „Mumm-Mumm-Baum“ genannt.
Viele Jahre hatte der Baum so manchem Sturm getrotzt, da kam ein pyrotechnisch interessierter Jüngling mit einer 1-Kg- Mehltüte des Wegs.
Bloß war in der Tüte kein Mehl drin sondern…
In ca. 2 Meter Höhe befand sich ein großes Astloch, darin verschwand die Tüte und nach einem dumpfen Schlag lag der Baum in vier Hälften auf der Wiese.
Ich empfehle dringend, diese Art der Materialbeschaffung zu meiden, auch wenn diese Untat inzwischen verjährt ist.
Mit Hilfe einer Sackkarre gelang es mir, einen Schweinehälften-großen Klotz „beiseite“ zu schaffen und für 10 Jahre in meinem Keller verschwinden zu lassen.
Daraus hab ich dann mit dem Stihl-Fichtenmoped drei Bohlen für den Korpus gesägt.

Katastrophe Nummer zwei:
Eine echte Hoyer-Meistergitarre (Baujahr 1944) wurde während einer tätlichen Auseinandersetzung durch ein Wurfgeschoss (es war eine rohe Kloßkartoffel) am Korpus irreparabel zerstört.
Nur der Hals war noch zu gebrauchen, und der ist jetzt an der Isa dran.
Allerdings war das Griffbrett durch jahrzehntelanges Bespielen durchgewetzt, sodass ich dieses ersetzte.
Auch hab ich noch einen Kanal für einen Trussrod dahinter gefräst, so etwas gab es scheinbar 1944 noch nicht.

Lieferant für Trussrod und Bunddraht war ML-Factory- hierfür noch mein besonderer Dank!

Da Esche in kurzer Zeit nachdunkelt, habe ich zuerst zwei Anstriche mit  UV-Schutz-Öl von Osmo aufgetragen- mal sehen, ob es nützt.
Beim Finish habe ich auch das „ordinäre“ Hartwachs-Öl von Osmo genommen- wie kann man bloß…
In den letzten Jahren hatte ich die Wundertinkturen diverser Gitarrengurus ausprobiert, ist mir aber inzwischen zu pflegeintensiv.
Und die Schleiforgien bleiben bei Osmo überschaubar.
Ich habe sämtliche Holzteile nur mit Stahlwolle geschliffen, zuerst mit ganz grob, dadurch entsteht der Relief-Effekt wie gebürstet und die Maserung wird durch die Stahlpartikel akzentuiert.
Den „Tree of Life“ hab ich als Puzzle-Bausatz in Saigon/Vietnam erstanden.
Dort gibt es eine Straße mit dem Namen Nguyen Thien Thuat, was soviel wie „Straße der Gitarren“ heißt.
Ich habe noch nirgendwo eine derartige Zusammenballung von Gitarrenläden gesehen, viele mit eigener Werkstatt.
Bloß verwenden die Vietnamesen andere Griffbrett-Maße als ich für meine Isa brauchte, sodass ich das Puzzle zum selbst verlegen wählte.
Auch habe ich noch eine unbearbeitete Abalone-Schnecke (keine Muschel!) für die Herstellung meines Monogrammes auf der Kopfplatte erstanden.
Daheim habe ich das Puzzle „Probegelegt“ (auf der Rückseite waren Nummern aufgemalt) und die Umrisse auf dem Griffbrett aufgezeichnet.
Danach mit dem Stechbeitel grob vorgeschnitten und dann mit einem Dremel  fein gefräst.
Beim Monogramm musste ich natürlich auch das Abalone ausfräsen- insgesamt eine nicht enden wollende Arbeit.
Eingeklebt hab ich alles mit UHU, die Ränder hab ich mit einer Mischung aus Ebenholz-Schleifstaub und Sekundenkleber verfüllt.
Ja, ich weiß, dass so eine Gitarre förmlich nach einem Video schreit.
Bis zum Stichtag schaffe ich das aber nicht mehr.
Vielleicht interessiert es noch jemanden, wie viel eine solche Gitarre wiegt: 3,4kg dank vollständig ausgehöltem Korpus.
Die Bandscheiben sagen danke.

Ich bitte Sie um eine Bewertung dieses Artikels

Bewertung 4.7 Sterne aus 67 Meinungen

22 Comments

  1. Leider habe ich von Akustik keine Ahnung, aber die Optik ist schon toll. Ich habe mir die Beschreibung der Gitarre interessiert durchgelesen.besonders die Angaben zur Materialbeschaffung. Zumal ich die Gegend kenne, aus der der Korpus stammt.
    Man kann sagen, der Baum starb in Schönheit.
    Ich würde liebend gerne fünf Sterne vergeben, da ich neu auf dieser Seite bin, weiß ich aber nicht wie und wo . 🙁

  2. Apropo Ähnlichkeit mit Vorjahrs-Gitarre: Isa und Bella sind sich in etwa so ähnlich wie eine Strat und eine LP.
    Trotzdem dankeschön für die Blumen…

  3. Für soviel Kreativität und Liebe zum Detail kan ich nur den Hut ziehen. Auch die Geschichte, wie die Isa entstanden ist und welches Material verwendet wurde ist beeindruckend. Von mir dafür 5 Sterne

  4. Die Liebe zum Detail und die originelle Zusammensetzung für Deine Meisterwerke liegen Dir wirklich im Blut, denn auch dieses Jahr ist Dir wahrlich wieder etwas Einzigartiges gelungen! Vor allem die Entstehungsgeschichte machen Isa lebendig. Daher ist es meiner Meinung nach nicht tragisch, dass es noch eine Weile dauert, bis es eine Hörprobe gibt. Die wird auf jeden Fall gigantisch geil werden und die holde Hilde wird vor Entzücken ihre süssen Lippen spitzen! Daher auch von mir volle Punktzahl: *****

  5. Nach Bella nun Isa.
    Wo Bella schon mit der Materialauswahl und den handwerklichen Fähigkeiten überzeugte setzt diese Gitarre noch eins drauf. Und nicht nur die Materialen auch die Geschichte dazu überzeugt. So sind es die vielen kleinen Geschichten rund um den Werdegang die auch hier wieder zum Schmunzeln anregen. Man merkt, dass hier jemand am Werk ist, dem das Gitarrenbauen mehr als nur ein Hobby ist, schon fast eine Obsession.
    Von mir auch diesmal 5 Sterne.

  6. Hallo Uwe, ich möchte mich dem Kommentar von Hans Christian vom 8. November anschlie- ßen. Man merkt das die Gitarre nicht nur Hobby, sondern auch Berufung von dir ist und du dir über jedes Detail Gedanken gemacht hast. 5 Sterne von mir.

  7. Nicht nur die kunstvoll angefertigte Gitarre sondern auch die sehr lebendige Beschreibung passen perfekt zueinander. Sofort kann man sich das Kunstwerk vorstellen ohne ein Foto gesehen zu haben. Und dass das Ergebnis so klingt wie es entstanden ist wird keine Frage sein.
    Lg
    Hans

  8. Servus Uwe,
    Da hast du mal wieder ordentlich hingelangt. Abgesehen von der stimmigen und originellen Optik (holde-Hilde-Kussmund-Saitenhalter!) ist das eingebaute Percussion Arsenal richtig abgefahren. Bitte Hörprobe bereitstellen, dürfte nicht nur mich interessieren. Volle Punktzahl und mehr. Bewirb dich doch mal um einen Stand auf der Holy Grail Show in Berlin, würde prima passen.
    Gruß Karl

    • Danke, Karl.
      Wegen der fehlenden Hörprobe muss ich den Punkteabzug der Jury in Kauf nehmen.
      Ich beginne übermorgen eine mehrwöchige Reha und schaff das deshalb beim besten Willen bis zum Stichtag nicht mehr.
      Und nur deswegen bis nächstes Jahr warten wollte ich auch nicht.
      Holy Grail ist für mich wirklich der Heilige Grahl- ich bin doch kein Gitarrenbauer.
      Aber ich sollte mich doch schwer geirrt haben, falls Du nicht noch einen weiteren Kandidaten ins Rennen schickst…

      • Servus Uwe,
        ab wann ist man Gitarrenbauer? Wenn man Serie produziert? In Punkto Handwerk und Ideenreichtum können deine Kreationen jedenfalls gut mithalten. Von mir gibt es dieses Jahr nur „Stangenware“, läuft quasi außer Konkurrenz mit. Ein durchgehender Hals wartet noch auf Korpus, der kommt erst auf den Markt, wenn du Pause machst. Will ja auch mal gewinnen 😉
        Gruß Karl

  9. Eine der schönsten selber gemachten Gitarren, die ich jeh gesehen habe. Da steckt viel Arbeit, Herzblut sowie Liebe zum Detail dahinter. Von mir gibt es ebenfalls 5 Sterne.

Schreibe einen Kommentar zu Uwe Faulborn Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert